Von Hualien zurück nach Dongshi
Nach unseren Ruhetag in Hualien ging es auf den Suhua Highway. Diese Fernstraße ist nicht ganz ungefährlich. Die Straße ist schmal, kurvenreich und stark mit LKWs befahren. Als wir Hualien verließen fing es heftig an zu regnen. Yen wollte den Zug nehmen, um unser Tagesziel die Nanao Farm zu erreichen, wo es einen kostenlosen Zeltplatz gibt. Zuerst war ich dagegen, weil ich die komplette Strecke mit dem Rad zurücklegen wollte. Aber dann war ich einverstanden, es waren nur 40 km mit dem Zug. Wir fanden den kostenlosen Zeltplatz. Ich konnte es nicht glauben, dass wir nichts zu bezahlen brauchten, aber der Platzwart sagte zu uns „no money“. Der Zeltplatz ist riesig und sehr schön, viele Camper kommen hierher.
Der Abschnitt von Nanao nach Suao war besonders kurvenreich und hatte auch noch viele Tunnel. Wir stiegen auf 300 m Höhe und rollten dann auf Meereslevel hinunter nur um kurz darauf wieder auf 300 m anzusteigen. Die Aussicht war großartig. In Nanfangao ist ein großer Strand wo wir den Nachmittag verbrachten. Schwimmen ist aber verboten, die Strömung ist zu gefährlich. Es war Samstag somit war es naheliegend das wir wieder in einer Schule übernachteten.
Auf dieser Reise wollten wir an einem Tag mal die Hundertkilometer-Marke durchbrechen. Heute war es soweit, wir wollten über 100 km von Nanfangao bis nach Keelung fahren. Wir fuhren zeitig los und machten viele Kilometer, doch dann fing es an zu regnen. Der Regen war sehr stark und wir wurden pitschnass. Nach 70 km entschieden wir unsere Mission abzubrechen und versuchten ein Hotel zu finden. Aber wir fanden keins das wir uns leisten konnten, so fuhren wir weiter. In Ruifang nach knapp 100 km sahen wir ein interessantes Dorf an einem Berghang. Wir fuhren ins Dorf und schauten uns nach einer Übernachtungsmöglichkeit um. Das einzige Hotel war ein Luxushotel.
Es war 18 Uhr und wir hatten keine Lust noch bis nach Keelung zu fahren. Wir versuchten bei einer Schule zu übernachten, doch das Tor war abgeschlossen und es gab keine Möglichkeit den hohen Zaun zu überwinden. Neben der Schule war ein Hostel, aber ein Schild zeigte das es geschlossen ist. Wir hatten 101 km geschafft und die Hausnummer des Hostel ist 101, was für ein Zufall. Dann kam eine Familie die den Besitzer des Hostel kannte. Yen fragte ihn ob wir übernachten können. Er ließ uns rein. Yen und Ich bekamen jeder ein Zimmer für uns allein, weil die Schlafräume geschlechtergetrennt sind, wir waren aber die einzigen Gäste. Das Hostel hat eine sehr schicke Einrichtung und wir konnten das Meer sehen. Uns gefiel es hier sehr und wir blieben zwei Nächte. Wir besuchten Jiufen das gleich in der Nähe ist, es ist ein ehemaliges Goldgräberdorf. Die Häuser befinden sich am Hang und schmale Gassen führen durchs Dorf. Viele Touristen kommen hier her.
Manchmal sind so viele Touristen an einem Ort so dass wir keine Lust haben dort länger zu bleiben, so wie beim Yehliu Geopark, wo wir zwei Tage später nach dem Besuch in Jiufen ankamen. Wir kamen zeitig um 8:30 Uhr und der Park war schon voller chinesischer Touristen. Diese Halbinsel ist bekannt für seine Felsformationen. Wir entschieden uns dann bis nach Taipei zu fahren. Die Straße am nördlichsten Punkt Taiwans war ruhig und einfach zu radeln. Als wir uns Taipei annäherten nahm der Verkehr zu. Von Tamsui nahmen wir einen Radweg der uns entlang eines Flusses bis ins Stadtzentrum führte.
Zuerst wollte Yen nicht nach Taipei weil sie keine Großstädte mag, ich musste sie dazu überreden. Es war mein Wunsch eines Tages Taipei zu besuchen und Taipei 101 zu sehen (Ich hatte mal vor vielen Jahren eine TV-Dokumentation über dieses Gebäude gesehen). Wir buchten keine Unterkunft im Voraus. Wir riefen ein Hostel an und kamen in der Nähe des Hauptbahnhof unter, es kostete 15 Euro pro Person. Das Hostel war in einer ruhigen Seitengasse und sehr neu. Wir blieben drei Nächte. Auf unserer Reise träumte ich eines Nachts davon das ich Nachtaufnahmen von Taipei 101 machen wollte, aber in dem Traum hatte ich mein Stativ vergessen. Dieser Traum erinnerte mich daran mein kleines Stativ mitzunehmen. Ich lief den Elephant Hill hinauf um von dort Fotos zu machen. Yen ging zu einem anderen Ort um sich mit einer Freundin zu treffen. Danach lief ich zum Taipei 101 und nahm den schnellsten Fahrstuhl der Welt, Höchstgeschwindigkeit 1000 m / min. Die Aussicht von oben war nicht so faszinierend, weil es schon dunkel war dafür waren kaum Leute da. Ich muss eines Tages nochmal zurückkommen und dann vor Sonnenuntergang auf die Spitze gehen.
Die Strecke von Taipei zurück nach Dongshi entlang der Küste beträgt um die 200 km. Wir planten drei Tage dafür ein. Den ersten Tag fuhren wir aus Taipei den gleichen Radweg raus, auf dem wir in die Stadt reingekommen sind. Dann radelten wir auf dem Highway 15. Es war Samstag, wir suchten wieder eine Schule zum Übernachten auf. Wir fanden eine Schule die einen Wachmann hatte. Er ließ uns zelten und zeigte uns wo wir eine warme Dusche nehmen können. Ich musste den Mantel von meinen Hinterrad aufs Vorderrad wechseln weil der Mantel einen Riss hatte und ausbeulte, am Vorderrad ist die Belastung geringer. Der Mantel hielt mehr als 10.000 km, es ist Zeit einen Neuen zu kaufen. In Taipei musste ich bereits meine Vorderradbremse auswechseln weil die kaputt ging. Bevor wir zu Bett gingen, meinte Yen das sie morgen in Dongshi ankommen möchte, um ihre Mutter zum Muttertag zu überraschen. Ich sagte „Okay wir können es versuchen, sind aber mehr als 120 km“.
Während ich in Neuseeland Probleme hatte früh aufzustehen, war es in Taiwan kein Problem für mich. Wenn wir irgendwo zelteten wachte ich immer gegen 6 Uhr auf. Ich denke das liegt daran, dass der Sonnenaufgang hier früher ist und es ist viel wärmer am Morgen als in Neuseeland. So auch an unserem letzten Tag unserer Reise, ich wachte 5:30 Uhr auf und wollte dann auch gleich losfahren. Doch zuerst hatten wir Frühstück und ich bekam bei der Polizeistation neben der Schule mehr Druck auf meine Reifen. In Taiwan ist die Polizei wirklich dein Freund und Helfer, einige Polizeistationen bieten sogar kostenlose Zeltplätze für Radfahrer an, das haben wir an der Ostküste auch mal genutzt. Wir hatten Rückenwind und feuerten uns gegenseitig mit „jai oh“ an das bedeutet go go. Leute an der Straße rufen uns das oft zu.
Als wir Dajia erreichten, die Stadt die wir an unserem ersten Reisetag besuchten, zeigte mein Fahrradcomputer bereits 110 km an. Von Dajia ging es den ganzen Weg bis Dongshi bergauf. Yens Heimatort liegt auf 400 m Höhe. Es war ein heißer Tag und die Hitze raubte mir meine letzten Energiereserven. Den letzten Kilometer schob ich mein Rad, 137 km sind wir an unseren letzten Tag gefahren und 1500 km insgesamt.
Es war eine großartige Tour um Taiwan. Es gibt viele Dinge in diesem kleinen Land zu entdecken. Die Taiwaner sind überaus freundlich und hilfsbereit. Außerdem habe ich den Ausländerbonus. Das Essen ist sehr lecker, vielfältig und günstig. Mit ein paar Ausnahmen an der Ostküste sind die Fernstraßen sehr gut zu befahren. Ich fühlte mich während unserer Reise sehr sicher, überall sind Kameras installiert und in jedem Ort gibt es Polizeistationen. Keine Ahnung warum hier so viele Häuser vergittert sind, ich habe keine zwielichtigen Gestalten gesehen. Die Menschen hier respektieren sich gegenseitig und sagen jederzeit danke.