Bei unserem Grenzübertritt am 07.07. zur Türkei waren wir sehr euphorisch. Die Türkei wird voraussichtlich für die nächsten zwei Monate unser zu Hause sein. Auf der Grenze begrüßte uns eine Statue von Atatürk, der Begründer der modernen Republik Türkei. Für den Grenzübertritt holten wir uns einen Stempel und wurden gefragt ob wir Alkohol, Zigaretten oder Haschisch dabei hätten. Das konnten wir sicher verneinen, eine Kontrolle gab es nicht. Es war unsere erste Grenze auf der wir auf Soldaten mit schweren Maschinenpistolen stießen. Später sahen wir noch mehr Militär.
Nach Kirklareli, der nächsten Stadt hinter der Grenze, schafften wir es an diesem Abend nicht mehr. Wir übernachteten wieder auf einem Feld. Wo wir dann nachts durch laute Musik aufgeweckt wurden. Ein paar Leute hatten sich 50 m von uns entfernt niedergelassen, Lagerfeuer gemacht, Bier getrunken und Musik aus dem Autoradio gehört. Sie hatten uns aber nicht bemerkt. Als Guillaume aus dem Dunkeln zu den Leuten kam, flüchteten sie, weil sie ihn für einen Bären hielten. So hat er mir das jedenfalls am nächsten Morgen erzählt, ich hab nämlich einfach weitergeschlafen. Er unterhielt sich dann noch mit den Leuten, die irgendwann wieder verschwanden.
In Kirklareli holten wir unser erstes türkisches Geld von der Bank (1 Euro sind 2,3 Türkische Lira). Wir pausierten, Guillaume trank einen türkischen Kaffee und ich einen Çay. Von Kirklareli fuhren wir über Pinarhisar, Vize bis nach Saray. Auf dieser Strecke hatten wir ganz schön mit dem Gegenwind zu kämpfen. Saray war unser Tagesziel, wir hatten nicht einmal 5 Minuten im Zentrum angehalten, als wir schon von einem Türken angesprochen wurden und zu ihm nach Hause eingeladen wurden.
Das haben wir (mal wieder) Guillaums Sprachkentnissen zu verdanken. Dieser Mann hat nämlich 40 Jahre in Frankreich gearbeitet und ist jetzt in Rente. Er hat ein Haus wo wir im Erdgeschoss übernachten durften. Er und seine Frau waren außerordentlich gastfreundlich zu uns. Ich hab ja schon zuvor gehört das die Türken sehr gastfreundlich seien, aber das dann selbst zu erleben war was ganz anderes. Es gab ein vorzügliches Abendessen für uns. Wir waren uns einig, dass das unser bestes Essen sei, was wir bisher auf unserer Reise gegessen haben. Es gab Reis, Erbsen, Hühnchen, Salat, Brot und yaprak sarmasi (gefüllte Weinblätter). Ich musste mich beherrschen nicht alles in mich reinzuschlingen, sondern langsam zu essen, den anderen aufmerksam zuhören (auch wenn ich kein französisch spreche) und abwarten bis mir Nachschlag angeboten wurde. Es kamen noch Bekannte und Verwandte die sich für uns interessierten. Wir machten noch ein tolles Gruppenfoto und gingen erst spät zu Bett. Bereits um halb 6 standen wir am nächsten Morgen auf und wurden mit einem großem Frühstück begrüßt. Ich war mal wieder sprachlos und aß einfach nur. Wir bekamen sogar noch Verpflegung für unterwegs, der Mann und seine Frau begleiteten uns mit Ihrem Auto bis zum Stadtrand.
Obwohl Istanbul noch 130 km von Saray entfernt war, hatten wir dies als unser Tagesziel angepeilt. Erst nach 55 km machten wir die erste Pause und dann nochmal nach 75 km, bevor es dann 5 km später auf die Autobahn ging. Wir hatten solang wie möglich versucht die Autobahn zu vermeiden, sahen aber kein drumherumkommen. Es gab noch die Bundesstraße, auf der soll es aber keinen Standstreifen geben, haben uns mehrere Quellen gesagt. So fuhren wir tatsächlich die letzten 50 km bis nach Istanbul auf der Otoyol 3 / E80. Mir war die Strecke angenehmer als die Bundesstraße 9 in Bulgarien, dort gab es nur eine Spur und keinen Standstreifen, dafür LKWs und Busse ohne Ende. Es sind auch Motorroller und Leute (ja die laufen da zu Fuß) auf dem Standstreifen unterwegs. Trotzdem würde ich das nicht zur Nachahme empfehlen, da die letzten 10 km durchs Zentrum der Horror waren, zu viele Zuläufer kommen auf die Autobahn. Besser wäre es das letzte Stück mit einem Bus zurückzulegen oder man findet vorher einen ortskundigen Radfahrer der einem auf Nebenstraßen durch das Labyrinth ins Zentrum führt. Der Verkehr ist hier total verrückt, scheinbar fährt hier einfach jeder ohne Regeln. Man muss immer in Bewegung bleiben und mit dem Strom fahren. Ganz schön fertig kamen wir dann im touristischen Viertel Sultanahmet an. Wir nahmen das erstbeste Hostel was frei war. Zwei Wochen wollen wir in der 13 Millionenmetropole bleiben. Es gibt einiges zu erledigen, wir wollen unser Iranvisum beantragen, unsere Fahrräder warten, die Ausrüstung checken und natürlich die Stadt erkunden.