Flug zurück nach Berlin und Krankenhausaufenthalt

Einen Monat verbrachte ich in Taiwan. Den kompletten August. Es regnete fast jeden Tag und zwei Wirbelstürme trafen die Insel. Ich schlief jeden Tag 12 Stunden am Stück und am Nachmittag nochmal zwei Stunden. Leider ging es mir nicht besser, ich zog es vor liegen zu bleiben, denn sobald ich Aufstand war mir schwindelig. Mitte August ging ich zum Arzt und lag kurz darauf drei Tage im Fengyuan Krankenhaus. Ein Neurologe untersuchte mich dort, weil ich eine Gangstörung hatte. Er untersuchte aber nur die lebensbedrohlichen Dinge wie Tumor oder Krebs. Ich kam zweimal in die Röhre (MRT). Er hat aber nichts weiter gefunden und empfahl mir nach Deutschland zurück zu kehren, wenn es nicht besser wird. Es wurde tatsächlich nicht besser.

Zu meinem Schwindel, der Gangstörung (Ataxie) gesellte sich auch noch eine Sprachstörung. Die Sprachstörung fiel mir erst nicht so recht auf, ich musste mich aber sehr anstrengen deutlich zu reden und trotzdem klang mein Englisch verwaschen. Richtig fiel es mir erst auf, als ich einen Freund in Deutschland anrief und dabei Probleme mit deutschen Wörtern feststellte. Manchmal versuchte ich rauszugehen. Das ist in Taiwan gar nicht so einfach wenn man eine Gangstörung hat. Man läuft auf der Straße und muss immer den vielen Motorrollern ausweichen. Ich nahm mir dann einen Besenstiel mit um mich abzustützen. Ich war froh, wenn ich die 500 m zum Park und zurück schaffte. Unterwegs musste ich mich mehrmals setzen. Ich schaute neidisch auf die alten Leute, die besser laufen konnten als ich. Bevor ich dann nach Tokio zurückflog, beschloss ich einen Flug von Tokio nach Berlin zu buchen, allerdings mit der Option ihn kostenlos zu storniern. Es hätte ja sein können mir gehts in Tokio wieder besser und ich kann meine Reise fortsetzen. Yen bestand dann darauf mich nach Tokio zu begleiten um mir zu helfen. Zuerst wollte ich nicht, nachher war ich aber ganz froh das sie mitgekommen ist.

Wir flogen Anfang September nach Tokio und hatten das Wochenende Zeit um meine Sachen bei Kenta zusammenzupacken und einen Karton für das Fahrrad zu besorgen. Wir fanden bei einem Fahrradladen um die Ecke einen Karton. Den trug aber Yen, ich hatte schon genug damit zu tun geradeaus zu laufen und dabei nicht hinzufallen. Nachdem ich die Pedalen von meinem Rad abschraubte war ich alle und musste mich hinlegen. Yen packte dann nach meinen Anweisungen mein komplettes Gepäck und das Rad zusammen. Kenta organisierte uns ein Taxi und Bus zum Flughafen. Yen und ich fuhren gemeinsam zum Flughafen. Sie brachte mich bis zum Schalter und übernachtete im Terminal. Am nächsten Tag flog sie zurück nach Taiwan.

Mein Rückflug ging abends am 07.09. von Narita. Ich hatte einen Zwischenstopp in Abu Dhabi, dort musste ich die Maschine wechseln. Mein Fahrrad wurde zum Glück kostenlos von der Fluggesellschaft transportiert und verladen. Ich flog mit Etihad / Air Berlin. Der Flug von Abu Dhabi nach Berlin-Tegel war sehr schön. Ich hatte einen Fensterplatz und wir flogen tagsüber. In 6 1/2 Stunden flog ich ungefähr die Strecke für die ich mir auf dem Rad 6 Monate Zeit gelassen habe. Kurz vor Berlin stießen wir durch die Wolkendecke und ich erkannte Strausberg, Werneuchen und Hennigsdorf bevor wir dann in Tegel landeten. In Strausberg hatte ich meine Fluglizenz für Ultraleichtflugzeuge gemacht, deswegen kenne ich die Gegend sehr gut aus der Luft.

Ich ließ erstmal alle Passagiere aussteigen. Der Flugbegleiter half mir mit meinem Handgepäck, später trug der Japaner Kohei meine Tasche. Er saß während des Fluges neben mir, er kommt aus Tokio und besuchte das erste Mal Berlin. Ich half ihm sich auf der Karte zurechtzufinden. Mein Schock war dann die steile Treppe aus dem Flieger und da wartete auch noch ein Bus auf mich. Ich benutzte beide Hände und lief ganz langsam die Treppe runter und stolperte dann in den Bus rein. Am Gate gab mir der Japaner meine Taschen wieder, ich bedankte mich noch auf Japanisch. Die Einreise war sehr einfach, es gab keine personelle Kontrolle für mich. Ich legte meinen Pass auf einen Scanner und dann öffneten sich die Türen. Allerdings gab es bei der Gepäckabholung noch eine Hürde zu meistern. Ich konnte ja mein Handgepäck kaum tragen und brauchte einen Rollwagen. Doch die gab es nur, wenn man eine Ein-Euromünze reintat. Ich hatte aber schon lange keine Euros mehr und daran gar nicht gedacht. In Narita oder Abu Dhabi brauchte ich keine Münzen für die Wagen. Ich fragte dann eine Passagierin und sie brachte mir einen Rollwagen. Die Flughafenmitarbeiter stellten dann den großen Karton direkt auf meinen Wagen ab.

Als ich am Gate rauskam, wartete mein Opa und meine Mutter auf mich. Ich hatte vorher bescheid gesagt das ich komme und um Abholung gebeten. Ich habe mich erstmal hingesetzt und geweint. Mir war das alles zu viel. Seit 6 Wochen ist mir schwindelig, ich kann nicht richtig laufen und ich weis nicht warum. Im brauchte Hilfe von anderen Leuten. Auf meiner Reise konnte ich mir eigentlich immer selbst helfen. Nun konnte ich nicht mal eine Tasche durchs Flugzeug tragen. Ich dachte schon ich hätte eine unheilbare Nervenkrankheit (wie MS oder ALS).

Am nächsten Tag ging ich zum Arzt der mich dann gleich ins Krankenhaus überwies. Dort fuhr mich noch mein Opa am selben Tag hin. Meine Mutter übernahm das Sprechen im Krankenhaus, mir war das zu schwierig. Ich staunte über das helle und moderne Zimmer welches ich auf der neurologischen Station bekam. Die ersten drei Tage blieb ich nur im Bett. Ich war viel zu schwach und mein Gang war immer noch sehr unsicher. Ich war in einem Dreibettzimmer untergebracht. Mein Nachbar regte sich immer Laut auf. Zuerst verstand ich nicht warum er sich denn so echauffiert, ich sah keinen Grund dazu. Doch er war Sachse und sächselte jedes Mal lautstark. Der Dialekt gefällt mir und ich musste oft drüber lachen. Wir kamen gut miteinander aus. Dann war noch später der Jürgen und Norbert auf meinem Zimmer. Beide waren mir super sympathisch und ich hatte eine sehr lustige Zeit mit ihnen. Sie haben mir auch geholfen wieder auf die Beine zu kommen. Nachdem ich schon einige Tage im Krankenhaus war und mir Nervenwasser abgenommen wurde und das MRT nochmal gemacht wurde, war ich sehr erleichtert von den Ärzten zu hören das ich kein MS oder ALS habe.

Was ich nun genau habe, konnten mir auch die Ärzte nach zwei Wochen nicht sagen. Mir ging es aber spürbar besser. Ich bekam Physiotheraphie und Sprachtrainig. Ich musste ja das Laufen und Sprechen wieder neu lernen. Die Ärzte fanden drei verschiedene Erreger in meinem Blut die das Kleinhirn angegriffen haben (Hinhautentzündung), sich aber zum Glück bekämpfen ließen. Ich bekam Cortison als Infusion. Danach ging es mir dann nochmal deutlich besser. Meine Sprache ist fast vollständig zurückgekehrt und ich habe keine Schwierigkeiten mehr zu sprechen. Auch mein Schwindel ist weg. Mir gefiel es sehr im Krankenhaus. Die Ärzte und das Personal waren super nett. Ich vermute das der Auslöser schlichtweg Überanstrengung war. Ich habe mir in Japan zu viel zugemutet und dann hat eine normale Infektion alte Viren die ich schon als Kind im Körper habe wieder ausgelöst. Die Ärzte konnten keinen Zusammenhang zu meinem Fahrradunfall in Japan herstellen.

Ich hatte vor meiner Reise und auch während meiner Reise Depressionen. Als ich alleine in Japan unterwegs war, habe ich (endlich) erkannt was für ein gutes Leben ich doch habe und das schon ein deutscher Pass viel wert ist. Auch der Unfall oder der Schwindel machten mich nur traurig, lösten aber keine Depressionen aus. Früher war ich oft unzufrieden mit mir und meinen Leben. Heute sehe ich aber dazu keinen Grund mehr. Auf meiner Reise habe ich persönlich viel erreicht. Ich bin erwachsen geworden, habe meine Depression besiegt, habe fließend Englisch gelernt, habe viele Länder und Kulturen erlebt, habe viel Gutes im Menschen gesehen, habe kleine Dinge im Leben schätzen gelernt, habe tolle Freunde gefunden und habe im Ausland gearbeitet.

Falls jemand ein Tief hat: Wir können uns über jeden Tag freuen wo wir gesund sind, zusätzlich können wir uns freuen einen deutschen Pass zu haben.

2 Gedanken zu „Flug zurück nach Berlin und Krankenhausaufenthalt“

  1. hi.
    when i read youre note ,im very disturbed.
    i hope you havent cancer or ect
    please have hope
    becusae god is very big and helping you
    .thanks
    sadegh from iran

  2. Sehr schöner Beitrag, vor allem der Schluss! Es freut mich sehr dass es Dir besser geht. Vielen Dank nochmal für das tolle Buch! Liebe Grüße, Sarah

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