Am 01.10. fuhr ich dann offiziell vom Potsdamer Platz im Zentrum Berlins los. Meine Mutter und zwei Freunde (Tobias und Kai) waren da. Kai begleitete mich noch bis nach Falkensee, zur Stadtgrenze. Eigentlich bin ich schon vier Tage zuvor, am 28.09., von Zuhause aus losgefahren. Aber ich blieb noch drei Nächte in Berlin und Umgebung. Für den Fall das ich was vergessen würde, hätte ich nochmal schnell nach Hause fahren können.
Vor meiner Abfahrt hatte ich mir alle Wege offen gelassen. Ich hatte lediglich das Ziel in 5 bis 6 Wochen in Paris anzukommen. Unterwegs wollte ich aber ein paar Bekannte besuchen, sofern sich die Gelegenheit bot. Nachdem ich Berlin hinter mir gelassen hatte, bot sich gleich eine Gelegenheit jemanden zu besuchen. In Brieselang stoppte ich bei meiner Tante und meinem Onkel und wir plauschten bei Tee und Keksen.
Die Nacht verbrachte ich an einem kleinen Rastplatz neben dem Havelradweg. Über Havelberg erreichte ich am nächsten Tag die Elbe und folgte dem Fluss Richtung Wittenberge. Der Elberadweg ging mitten durch die Natur. Ich sah zahlreiche Vögel und war überrascht über soviel Flora und Fauna. Am Horizont zog ein Gewitter auf und ich dachte mir, wenn ich ich jetzt eine Schutzhütte finden würde, wäre das super. Und tatsächlich, kurz bevor das Gewitter anfing, fand ich ein geräumliche Hütte für die Nacht.
In Salzwedel besuchte ich meinen Bruder. Wir hatten uns zuvor am Arendsee getroffen und fuhren zusammen in die Stadt. Er kaufte mir einen großen Baumkuchen, für dessen Herstellung Salzwedel ja bekannt ist. Ich blieb zwei Tage und fuhr dann weiter. Unterwegs schusterte ich mir wieder eine neue Route zusammen. Ich orientierte mich an den Rad- und Feldwegen und mied weitestgehend Fernstraßen. Als ich in Niedersachsen durch ein großes Waldgebiet fuhr, entdeckte ich eine Jagdhütte. Ich dachte mir heute wird bestimmt keiner jagen und ließ mich vor der Hütte nieder, die ein großes Vordach mit einer Bank und einen Tisch hatte. Beim Abendessen hörte ich dann Schüsse und kurz darauf kamen noch ein paar Jäger, die die Hütte in Beschlag nahmen. Sie wollte unter sich bleiben und zeigten mir eine andere Hütte, einen Kilometer weiter, wo ich bleiben konnte. Das fand ich nett.
Auf dieser Tour hielt ich oft Ausschau nach einer Schutzhütte zum übernachten. Ich denke mir, da kann ja schlecht jemand etwas dagegen haben, wenn ich darin übernachte. Dafür sind sie ja da, um Wanderern Schutz zu gewähren. Aber ich fand auch eine Wiese zum Zelten. Bei Schwarmstedt traf ich auf einen anderen Radreisenden und zwar Jens aus der Nähe von Bremen. Wir taten uns kurzerhand zusammen und suchten uns an der Aller ein Feld zum Zelten. Mit Jens verstand ich mich prima.
Wir hatten die gleichen Ansichten. Wie in etwa, dass wir wohl in einer sehr guten Epoche der Menschheit und einem sehr gutem Ort leben. Noch haben wir genug Ressourcen, hohe Lebensqualität, Reisefreiheit, hochentwickeltes und sicheres Heimatland. Durch Radreisen erlebt man vieles viel intensiver, als wenn man im Alltag steckt oder Pauschalurlaub macht. Wir überlegten auch, ob es gut ist, dass es nur wenig Leute gibt die mit dem Rad durch die Welt reisen. Dadurch das die Gruppe der Reisenden klein ist, fühlt man sich auf Anhieb mit anderen Radreisenden verbunden und teilt das Erlebte mit Begeisterung.
Jens fuhr am nächsten Tag zurück nach Bremen und ich fuhr weiter Richtung Holland. Ich fuhr an diesem Tag über 100 km, daran kann ich mich noch gut erinnern, weil ich auf der ganzen Tour immer sonst nur 80 km am Tag gefahren bin. Bei Nienburg überquerte ich die Weser und fuhr ein längeres Stück neben der Bundesstraße 214, wo es einen Radweg gibt. Am Abend erreichte ich den Natürpark Dümmer und übernachtete neben einem Moor (wieder in einer Schutzhütte). Es zogen tausende von Kranichen vorbei. Ein guter Ort für Ornithologen, von denen ich einige antraf.
Am Samstagmorgen, dem 08.10. kam ich zum Dümmer See und ließ es mir nicht nehmen dort Baden zu gehen. Ich entdeckte sogar eine Dusche am See die noch funktionierte. Nach mehreren Tagen wild zelten ist so eine Dusche ein echtes Highlight. Im Landkreis Vechta fielen mir viele wohlhabende Dörfer auf. Jedes Haus und jeder Garten ist herausgeputzt. Am Abend traf ich Isabell, wir hatten vor drei Jahren auf der gleichen Farm in Australien gearbeitet. Ihre Eltern hatten ein großes Abendessen vorbereitet, wir verstanden uns prima und ich fühlte mich echt gut aufgehoben.
Nun war es nicht mehr weit bis nach Holland. Noch eine Nacht verbrachte ich in einer Schutzhütte im Wald, bevor ich dann am Coevorden-Piccardie-Kanal nach Holland kam. Der Kanal war schon mal eine gute Voreinstimmung, denn in Holland fuhr ich oft an Kanälen entlang.
Holgi, gute Reise und alles Gute.