Bei unserer Abfahrt von Budapest wollte sich Guillaume gar nicht so recht von der Stadt trennen, weil es ihm hier so sehr gefiel. Wir aßen bei der Hummus Bar, zu der uns Arne den ersten Abend in Budapest eingeladen hatte, unseren letzten Falafel. Dann rollten wir langsam los, wir kamen an der Fahrrad-Kurierzentrale vorbei und ich fragte dort nach einem Trikot, leider hatten sie keins für mich da. Guillaume wollte noch ins Spa, aber dann wären wir am 06.06. nicht mehr von Budapest weggekommen. Nach 50 km stellten wir unsere Zelte direkt neben der Donau auf.
Auf einem Feldweg fuhren wir den nächsten Tag weiter den Radweg EuroVelo 6, bis wir dann keine Lust mehr hatten, weil der Weg zu schlecht war und wir wieder auf der Landstraße fuhren. In dem kleinen Ort Ordas fanden wir ein wunderschönes Plätzchen direkt an der Donau, wir trafen wieder auf freundliche Einheimische, die zwar leider kaum Englisch konnten uns aber trotzdem versuchten was zu erzählen. Wie in fast jedem Ort den wir auf unserer Strecke durch Ungarn passierten gab es auch hier eine Trinkwasserpumpe, das Wasser schmeckte sehr gut.
Der 08.06. war unser letzter Tag in Ungarn, wir fuhren durch Kalocsa und Baja. Hinter Baja blieben wir in einem kleinen Dorf und ich fragte einen älteren Mann, der erstaunlicherweise Deutsch sprach, ob wir hier zelten dürfen. Wir durften bleiben und es gab auch ein WC und Wasser für uns. Am nächsten Morgen, es war Samstag, bereiteten Guillaume und ich gerade unser Frühstück auf einem Spielplatz zu, als um 9 Uhr zahlreiche Familien mit Ihren Kindern kamen. Sie ließen sich durch unsere Anwesenheit nicht stören. Die Ungarn die wir trafen waren alle freundlich und offen zu uns, das hat mir sehr gefallen.
Am 09.06. passierten wir gegen halb eins die Grenze zu Serbien. Es war die erste Passkontrolle auf unserer Reise. Wir bekamen sogar einen serbischen Stempel in unseren Pass. Serbien ist nicht in der EU und nicht im Schengenabkommen. Das Land bemüht sich aber der EU beizutreten, die Grenzerin meinte das kann wohl noch 10 Jahre dauern. In Serbien wird die kyrillische Schrift verwendet, die ich leider nicht lesen kann (Guillaume schon). Aber es gibt fast immer bei den Ortschildern auch die lateinische Schreibweise. Die erste größere Stadt in der wir kamen, war Sombor (Сомбор). Hier tauschte ich meine restlichen Forint, von denen noch 10.000 übrig waren, in 3600 Dinar (ca. 30€). Da heute der bisher heißeste Tag unserer Reise war (34° C im Schatten, 49° C in der Sonne) blieben wir ein Weilchen hier um uns abzukühlen.
Mir war das erste Mal etwas schlecht von der Hitze, erst als wir am Abend in Apatin ankamen und ich ein Bad in der Donau nahm, fühlte ich mich besser. Anschließend stellte ich mich noch unter einem Rasenprenger, weil das Wasser in der Donau nicht so sauber ist. Wir waren beide so Knülle, dass wir uns nicht mehr vom Donauufer wegbewegen wollten. Es gab eine Wiese nehmen einer serbischen Kirche die wir für unser Nachtlager auserwählt hatten. Guillaume holte zuvor noch das Einverständnis vom Priester und eine Frau brachte uns sogar selbstgebackenen serbischen Kuchen. Es wurde dann so spät das ich gar nicht mehr mein Zelt aufbaute, sondern auf der Wiese unter freiem Himmel schlief.
Am nächsten Morgen trafen wir am Ufer einen 86 jährigen Mann, der aus Deutschland stammt und hier in der Nähe im 2. Weltkrieg verwundet wurde. Er lebt in Apatin und erzählte uns was ihm schon alles passiert sei. Sein Deutsch war gut, genau wie das von der alten Frau die wie hier am Abend zuvor trafen und sich noch als Jugoslawien sieht, sie war Gastarbeiterin in Deutschland. In dem Ort trafen wir bei unserem Frühstück zwei weitere deutschprachige Einwohner, die uns sogar unsere Getränke im Cafe bezahlten. Wir waren sehr erstaunt in so kurzer Zeit so viele Serben zu treffen die Deutsch sprechen. Früher im 18 Jh. waren in dem Ort fast nur Deutsche, die sogenannten Donauschwaben. Bis zum zweiten Weltkrieg lebten hier 14.000 Deutsche.
Von Apatin aus fuhren wir nach Kroatien und passierten wieder eine Grenzkontrolle. Wir fuhren auf der kroatischen Seite entlang der Donau. Geschichtlich total unvorbereitet kamen wir in die Stadt Vukovar und staunten über die vielen Einschusslöchern in den Häuserwänden. Dank Offline-Wikipedia auf meinem Handy wussten wir schnell was hier geschah. Vukovar war im Kroatienkrieg die am heftigsten umkämpfte Stadt. Die Schlacht dauerte drei Monate, vom 25.08. bis 18.11.1991 schlugen hier täglich bis zu 8000 Granaten ein. Bisher hab ich noch keine Stadt gesehen wo Kriegsspuren noch so deutlich zu erkennen sind.
In dem Dorf Šarengrad entdeckte ich ein Schild wo „free camping“ drauf stand, wir guckten uns den Platz an, der direkt an der Donau liegt und entschieden uns hier zu bleiben. Bei einem Anwohner bekamen wir noch Wasser. Auf der serbischen Seite zog ein großes Gewitter vorbei, es blitze sehr oft, danach hatten wir einen schönen Sonnenuntergang. Dieser Platz war herrlich, es gab eine Liege, Bänke und Schaukeln.
Nachdem wir am nächsten Tag durch Ilok gefahren sind, passierten wir die Grenze nach Serbien. In Bačka Palanka trafen wir bei unserem verspätetem Frühstück wieder 2 Serben die Deutsch mit uns sprachen. Anschließend ging es auf der Bundesstraße weiter nach Novi Sad, der zweitgrößten Stadt Serbiens. Unterwegs grüßten uns viele Autofahrer mit Lichthupe oder winkten uns zu. Aber auch hier neigen die Autofahrer zu krassen Überholmanövern wie in Ungarn.
In Novi Sad, einer hübschen Stadt an der Donau, trafen wir den Sebastian. Er ist hier gerade mit dem umgebauten Rad seiner Mutter angekommen um beim Velomarathon teilzunehmen. Nachdem er uns einiges über diese Veranstaltung erzählt hat, beschlossen wir uns später mit ihm und den anderen Teilnehmern zu treffen, die sich hier in Novi Sad verabredet hatten. Wir übernachteten dann gemeinsam auf einem Strand an der Donau. Der Velomarathon ist eine kleine Radsportveranstaltung, die von der Bulgarin Ekaterina organisiert wird. Sie fahren von Bulgarien nach England, die Tour dauert 2 Monate und es gibt zwei Begleitfahrzeuge, interessierte Teilnehmer können einfach dazustoßen, die Orte sind auf der Webseite angegeben. Es waren ca. 10 Teilnehmer die wir in Novi Sad trafen, hauptsächlich Bulgaren.
Am 12.06. war unser 7. Tag auf dem Rad nachdem wir Budapest verlassen hatten. Wir beide wollten nur noch schnell nach Belgrad um dort 2 bis 3 Tage Pause zu machen. Also gaben wir nochmal alles und fuhren die restlichen 80 km in 5 Stunden. Von Budapest nach Belgrad sind wir insgesamt 520 km gefahren. Auf Anhieb fanden wir ein gutes Hostel mitten im Zentrum (10 Euro pro Nacht). Wir bleiben bis Freitag hier und wollen dann die Donau verlassen und direkt nach Sofia fahren.