Bevor wir Samsun verließen, trafen wir uns mit zwei Türkinnen, die uns am Abend zuvor im Park angesprochen hatten. Sie zeigten uns zuerst ein Nachbau des Schiff „Bandırma“ mit dem Atatürk 1919 in Samsun gelandet ist. Danach besuchten wir eine Wasserskianlage. Die beiden Frauen waren sehr sportlich und offen. Sie fahren öfters Wasserski und kannten die Leute dort. Für einen sehr günstigen Preis von 10 Lira bekamen wir ein Brett für Anfänger, wo man drauf kniet und eine Einweisung zu der Anlage. Wir wurden nämlich nicht von einem Motorboot gezogen, sondern von einer Seilanlage, die aus Deutschlannd stammt. Dann konnten wir uns schon ins Vergnügen stürzen und zwar wörtlich, denn zu Beginn fielen wir gleich vom Brett, da wir die Zugkraft vom Seil noch nicht einschätzen konnten. Wir konnten so lange fahren bis wir keine Lust mehr hatten bzw. keine Kraft mehr.
Dieser Sport war eine ganz andere Belastung für mich, ich hatte danach fast eine Woche lang Muskelkater in den Armen und im Bauch. Die beiden Frauen fuhren ganz professionell auf richtigen Skiern bzw. Waveboards. Es war ein schöner Tag, wir waren mal wieder von der türkischen Gastfreundschaft überrascht. Am Abend fuhren wir dann noch mit Rückenwind 60 km weit und übernachteten auf einem frei zugänglichen Zeltplatz am Meer (der leider ganz schön zugemüllt war). Die Wegbeschreibung zu dem Platz bekam ich von einem Rasthof neben der Straße, dort wollten wir zuerst übernachten, aber der Besitzer empfahl uns einen ruhiger gegelegenen Platz. Er sagte (auf englisch): „…fahrt 8 km bis zum Krankenhaus auf der linken Seite, dort ist ein Teehaus in dem findet ihr Mohammed, sagt Hassan hat euch geschickt, dann wird er euch schon weiterhelfen. So war es dann auch.
Am nächsten Tag fuhren wir bei wechselhaften Wetter und ordentlichen Rückenwind weiter an der Küste. Vor der Stadt Fatsa fuhren wir durch den „Ordu – Nefise Akçelik Tüneli“, den mit 3800 m längsten Tunnel der Türkei. An der Küste gibt es viele Tünel die wir passierten. An diesem Abend fanden wir erst spät einen Platz zum Zelten. Uns wollte eine Familie zum Essen einladen, aber wir schlugen die Einladung (leider) aus und zelteten dann wieder neben der Straße.
Es fuhr sich so leicht mit Rückenwind auf der ebenen Straße an der Küste, so dass wir am zweiten Tag nachdem wir von Samsun weitergefahren sind 155 km fuhren und Trabzon erreichten. Hier fanden wir ein sehr günstiges Hotel wo wir für 10 Lira (5 €) pro Person ein Zimmer bekamen. Es gab zwar keine Extras, lediglich ein Bett und ein kleiner Beistelltisch, doch es war ruhig und wir hatten schnellen Internetzugang, das war für uns schon Luxus. Unsere Räder standen im Treppenhaus und wurden vom Besitzer des Hotels mit einer Pistole bewacht. Um uns herum gab es zahlreiche Bordelle die als Hotel getarnt waren, ich war erstaunt sowas in der Türkei zu sehen – aber Prostitution ist hier legal.
Obwohl Guillaume sein Visa für den Iran hier innerhalb eines Tages bekam, blieben wir noch mehrere Tage in Trabzon, die Stadt gefiel uns, wir trafen wieder auf andere Radreisende. Hier waren mir Claudi und Tobi (kommen aus der Nähe vom Bodensee) besonders sympathisch. Sie reisen sehr viel und schilderten uns bildhaft ihre Erlebnisse. Aktuell sind sie von der Ukraine aus mit dem Rad gestartet und sind durch Russland am Schwarzen Meer entlang geradelt und von Soschi aus mit der Fähre nach Trabzon gekommen. In Trabzon war es auch wieder interessent zu beobachten, das viele Türken Ramadan machen. Die Leute sitzen zusammen bei den Restaurants und Cafes, aber niemand hat was zu Trinken oder Essen auf dem Tisch. Sobald dann die Sonne untergeht, wird irgendwo ein Kanenonschlag gezündet und die meisten Leute sind von der Straße verschwunden um was zu Essen. Das aktive Leben findet dann nachts statt, es gibt Feste zum Ramadan und große Zusammentreffen in Parks, wo dann gemeinsam gegessen wird.
Von Trabzon waren es nur noch 2 Tage bis zur Grenze von Georgien. Die letzte Nacht durften wir auf dem schönen Grundstück eines Türken verbringen, er hat eigenen Tee und Haselnüsse angebaut. Es gab für uns sogar ein Abendessen was uns an unserem Zelt auf einem großen Tablett serviert wurde, es schmeckte sehr gut.
Nachdem wir am 07.07. in die Türkei eingereist sind verließen wir am 12.08. die Türkei und kamen nach Georgien. Wir dachten wir würden länger als einen Monat brauchen um dieses große Land zu durchqueren.
Zum Abschluss noch einige positive und negative Erfahrungen die ich in der Türkei erlebt habe.
positiv:
- freundliche, offene Menschen
- Einladungen zum Tee und Essen
- Zelten in gepflegten Parks
- hohes Sicherheitsgefühl durch starke Polizeipräsenz
- sehr gute Straßen, jedenfalls die Bundesstraßen die wir befahren haben
negativ:
- laut, Dauerbeschallung türkischer Musik in Cafes und Parks
- neben den Straßen ist es meist sehr schmutzig, es liegen viele leere Plasteflaschen herum
- kaum jemand spricht Englisch
- es wird kein Wasser gespart, oft laufen die Wasserhähne und Spülungen auf den Toiletten unablässig
In der Türkei habe ich relativ viele Wörter in der Landessprache gelernt und oft benutzt wie z.B. selam (Hallo), evet (Ja), hayir (Nein), tesekkürler (Danke), yatmak (schlafen), kamp yapmak (zelten), yorgun (müde), yemek (essen), lezzetli (köstlich), iyi (gut), boş (leer), nerede (wo), ne kadar (wie viel), adin ne (wie heißt du), benim (mein), senin (dein), nasılsın (wie geht es dir), affedersiniz (Entschuldigung), tamam (in Ordnung), iyi geceler (Gute Nacht), günaydın (Guten Morgen), hoş çakal (Aufwiedersehen), ekmek (Brot), su (Wasser), bisiklet (Fahrrad), dost (Freund), konut (Unterkunft), çay (Tee), findik (Haselnuss), ramazan (Ramadan), şehir merkezi (Stadtzentrum)