Mumbai

220. Reisetag

10.089 km

Kaum verließ ich das Flughafengelände, befand ich mich schon mitten im Chaos von zahllosen hupenden Autos und Motorrädern, dann herrscht auch noch Linksverkehr. Bereits an der ersten Kreuzung wurde ich mit der allgegenwärtigwn Armut Indiens konfrontiert. Eine Gruppe von Kindern saß mitten auf der Straße. Als sie mich entdeckten, kamen sie zu mir gelaufen und bettelten. Von nun an wurde ich häufig von Kinder und Erwachsenen angebettelt. Ich fuhr ohne Plan durch die Stadt, ich hatte lediglich den Stadtteil Colaba als Ziel, dass sei das touristische Viertel von Mumbai, wie ich zuvor im Flieger erfahren habe. Es wurde bereits dunkel und ich fuhr langsam durch den verrückten Verkehr. Ich sah rechts und links der Straße viel Elend. Noch nie habe ich so viele obdachlose Menschen gesehen, die draußen auf dem Gehweg oder in primitiven Zeltstätten übernachten.

Ich wollte was Essen, aber in dieser Megastadt waren bei allen Geschäften, Restaurants und Banken die Rolläden dicht gemacht. Ich erfuhr das ein bedeutender Politiker (Bal Thackeray) gestorben sei und deswegen muss alles geschlossen bleiben. Nach einigem Suchen fand ich noch eine Bank und ein Geschäft das geöffnet hatte. Ich stoppte immer wieder bei Hotels und fragte nach den Preisen. Dabei wurde mir ganz schwindelig, ein Zimmer kostet zwischen 2000 und 4000 RS. Ich suchte aber was um die 500 RS (7 Euro).

Auf der Straße half mir dann ein Inder weiter, der mit dem Motorrad unterwegs war und noch seine Frau und seine Tochter hinten draufsitzen hatte. Mit ihm klapperte ich ein paar Hotels ab. Der Preis ging langsam in die gewünschte Richtung, aber keiner erlaubte mir mein Fahrrad ins Zimmer zu nehmen und das ohne einen Grund zu nennen. Schließlich fanden wir ein Hotel wo ich nach einigem Handeln ein einfaches Zimmer mit Bad bekam und mein Fahrrad ins Zimmer nehmen durfte. Als ich mich von meinem Helfer verabschiedete, fragte er nach Geld für seine Mühe. Ich war perplex, noch nie hat mich jemand, der mir auf meiner Reise geholfen hat, nach Geld gefragt. Er bekam kein Geld von mir, aber natürlich bedankte ich mich bei ihm. Es war schon Mitternacht als ich mich noch mit dem Typ von der Rezeption rumschlagen musste, mittlerweile war ich fast 40 Stunden ohne Schlaf unterwegs. Der Mann wollte mein Passport einbehalten, damit war ich natürlich nicht einverstanden. Ich bezahlte gleich und behielt meinen Reisepass. Dann konnte ich endlich schlafen.

Am nächsten Morgen realisierte ich erstmal wo ich überhaupt war. Denn bis Colaba habe ich es am Abend zuvor nicht mehr geschafft. Ich war in einem relativ armen Viertel von Mumbai. Neben dem Hotel war gleich ein kleiner Slum. Auf der Straße war ich der einzige Weiße. Ich aß dann ein Omlette in einem „Hotel“, so heißen hier die meisten Restaurants. Das ist etwas verwirrend wenn man auf der Suche nach einem richtigen Hotel ist und immer wieder in einem Restaurant landet. Später zog ich mit meiner Kamera ein wenig durch die Straßen. Es bieten sich viele Fotomotive an. Allerdings muss man immer auf der Hut sein. Als ich in einer Wellblechsiedlung ein paar Fotos machte, versuchte ein Verrückter meine Kamera mit einem Stein zu zerschlagen. Ich ergriff dann die Flucht, mir und meiner Kamera ist nichts passiert.

Nach zwei Nächten in dem Hotel im Arbeiterviertel zog ich dann am Montag den 19.11. weiter. Ich fuhr nach Colaba, wo ich im Touristenviertel landete und das erste Mal nach dem Verlassen des Flughafens wieder Ausländer traf. Ich fand ein Guesthouse unweit des Gateway of India. Am Dienstag fing ich mit Sightseeing an und bin mit dem Boot nach Elephanta Island gefahren und habe mir dort die Insel und ein paar Höhlen angeschaut.

In Colaba traf ich auf andere Radreisende, Francois und Gen aus Frankreich bzw. Kanada. Sie sind mit einem Tandem unterwegs (Ihr Blog). Wir trafen uns mehrmals zum Essen. Ich besuchte nochmal einen Slum, diesmal fand ich einen „Guide“. Ein Zwölfähriger führte mich durch sein „Viertel“ und stellte mich seinen Freunden und seiner Familie vor. Er war vertrauenswürdig, er sprach fließend Englisch und er hat nicht einmal nach Geld gefragt.

Am Freitag fuhr ich mit Rebecca, die ich in meinem Guesthouse kennengelernt habe, Francois und Gen zu einer Feier für ein indisches Brautpaar. Für diese Feier wurden europäische Frauen gesucht die die Gäste empfangen. Rebecca und Gen wurden für diesen Job auf der Straße angesprochen und hatten zugesagt. Bei der Bezahlung wurden sie aber übers Ohr gehauen. Am Ende gab es aber immerhin ein tolles Essen, denn wir konnten uns beim Buffet bedienen. Ich aß zur Abwechslung mal wieder europäische Gerichte wie Lasagne und Pizza.

Am Samstag ging ich allein auf Stadtbesichtigung und ein paar Besorgungen machen. Ich lief zur Victoria Station, ein sehr schönes Bahnhofsgebäude. Dann fuhr ich mit der Metro von Marine Lines nach Mutanga. Man sollte in Indien wenigsten einmal mit dem Zug fahren. Es ist schon verrückt wie sich die Leute während der Fahrt aus den offenen Türen herauslehnen. In Mutangea suchte ich ein Campinggeschäft auf, dessen Adresse ich zuvor im Internet gefunden hatte. Ich kaufte mir günstig einen neuen Schlafsack. Meinen bisherigen Daunenschlafsack (den ich im Iran hab reparieren lassen) hatte ich nach Hause geschickt, weil er für die kommenden Breitengrade zu warm ist und der Reisverschluss sich nicht mehr ganz öffnen lässt. Außerdem kaufte ich mir noch ein Moskitonetz 4 x 6 feet.

Zum Abendessen brachte ich noch zwei weitere französische Radfahrer mit, Pierre und Marie, die ich schon zuvor in Trabzon und in Dubai getroffen habe. Vielleicht werden wir am Montag alle zusammen die Fähre vom Gateway of India nach Mandwa nehmen, um Mumbai zu verlassen und dann Richtung Goa radeln. Am Sonntag fuhr ich mit dem Fahrrad durch die Stadt nach Malabar Hill, dort gibt es einen Strand und eine schöne Aussicht auf die Stadt.

Ein Gedanke zu „Mumbai“

  1. Hi Holger!
    Deine Berichte sind beeindruckend. Du hast viele schöne Momente schon erlebt. Weiter so. Ich freue mich, dass es bei dir alles gut geht. Und pass auf in Indien. Eine schöne weitere Reise wünsche ich dir! 🙂

Kommentare sind geschlossen.